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Improvisation ist alles

Leicht machen es einem die Pearl Jam- Mannen nicht, wenn man versucht, ein Interview auf die Beine zu stellen. Beim Foundations Forum in L.A. reiste man entnervt- natürlich vor dem vereinbarten Termin- ab, erneute Kontaktaufnahmen via transatlantische Telefonleitung schlugen ebenfalls zwei- oder dreimal fehl. Was tun? Berechtigterweise verärgert sein und die Band ad acta legen? Oder den unwiderruflichen letzten Versuch wagen? Wir entschieden uns für die Zweite Möglichkeit und schafften es tatsächlich, Jeff Ament, den Basser der Band, in Pittsburg zu erreichen...

Der gibt sich ruhig und bescheiden wie eh und je. Erzählt sofort von der Red Hot Chili Pepper- Tour, für die Pearl Jam momentan Nacht für Nacht eröffnen. Kein schlechtes Package, denn die Chili Peppers sind in den Vereinigten Staaten ungleich größer als in Deutschland, ziehen zudem eine Menge aufgeschlossener Musikfans. Leute, denen, so Ament, auch Pearl Jam gefallen müßte. Die Publikumsreaktionen seien jedenfalls ausgesprochen positiv ausgefallen.
"Wir bekommen einen ordentlichen Soundcheck, die Chili Peppers behandeln uns gut, und zudem brauchen wir einfach eine große Tour, um mehr Fans zu erreichen. Betrachte ich unsere augenblickliche Situation realistisch, so glaube ich, daß Pearl Jam nach wie vor eine Underground- Band sind."
Die allerdings bereit ist, den mühevollen und langen Weg an die Spitze zu gehen. Um optimal auf Tour vorbereitet zu sein, riß die Band drei Wochen lang Club-Gigs ab und feilte an den eigenen Livequalitäten. Zu dieser professionellen Einstellung will die vorzeitige Abreise vom Foundations Forum jedoch überhaupt nicht passen... Ament und Co. galten in L.A. als eine der heimlichen Sensationen, ihr Showcase wurde mit Spannung erwartet, Ament selbst sogar am letzten Tag der Messe in das "Artist Panel" berufen, trotzdem cancelte man die Show ohne Angabe näherer Gründe. Was war geschehen?

"Oh Gott, das war ein riesiges Organisationschaos", erinnert sich unser Gesprächspartner nur ungern an diesen Vorfall." Eigentlich war vereinbart, daß wir gegen Mitternacht auf der Bühne stehen sollten, aber aufgrund von Sound-Problemen der anderen Bands geriet der Zeitplan so durcheinander, daß wir erst um 2.30 Uhr morgens hatten spielen können. Das war uns schlicht und ergreifend zu spät, denn am nächsten Tag mußten wir bereits um 7.00 Uhr aufstehen, um unseren zweiten Videoclip zu dem Song "Jeremy" abzudrehen. Also sind wir einfach abgereist..."
Klingt plausibel. Und ist genauso ehrlich wie die Musik Pearl Jam's , die ohne großen Firlefanz wie Soundeffekte oder selbstdarstellerische Endlos-Instrumentalparts auskommt. Pearl Jam haben den Blues. Nicht den, den beispielsweise die Black Crowes spielen, aber den, der hart, emotionsgeladen und intensiv `rüberkommt. Und ehrliche Musik fordert ehrliche Musiker bzw. Charaktere. Logisch, daß man da dem Unternehmen Foundations Forum gegenüber eh kritisch genug eingestellt ist:
Meiner Meinung nach war die ganze Sache ein riesiger Rip-off", wird Ament dann auch recht schnell deutlich. "Viele der angereisten Fans hatten für den Flug, die Hotelübernachtungen und die Verpflegung mehrere tausend Dollar gezahlt, und was haben sie schon groß dafür bekommen? So gut wie nichts! Ich hätte an ihrer Stelle einen Teil meines sauerverdienten Geldes zurückverlangt. Eines ist mir jedenfalls sonnenklar: Der Veranstalter dieser Messe ist mit einem fetten Batzen Geld nach Hause gegangen!" Schlecht stehen die Chancen aber auch für Pearl Jam nicht, denn im Zuge des Seattle- Hype ist ehrliche, handgemachte Musik gefragter denn je. Zumal Ament bereits mit seiner früheren Band, Mother Love Bone, zur Spitze des Seattle- Movements gehörte. Damals war die Situation jedoch völlig anders, wie auf die (wie bei der Temple Of The Dog-LP) von Ament verfaßten Innersleevenotes des Pearl Jam-Advencetapes beweist: "Mother Love Bone; 2 Records, 1 Tour... Love Rock, Lots Of Promise. Talk. Hype... Pearl Jam Fate. Quickness. Hard Work. No Talk. No Time 4Hype." War es damals wirklich so schlimm?

"Nicht unbedingt", gibt Ament zu. "Das Problem war nur, daß Mother Love Bone unendlich viele Vorschußlorbeeren kassiert haben und wir in der Lage waren, die hochgesteckten Erwartungen zu erfüllen. Das lag allerdings weniger an unseren musikalischen Fähigkeiten als an Andrew Woods frühzeitigem Tod..."
Warum die Innersleevenotes handschriftlich abgedruckt wurden? Das liegt darin begründet, daß man in den Staaten dazu übergegangen ist, keine LPs mehr zu veröffentlichen, sondern nur noch CDs und Kassetten herzustellen. "Ich habe mich also bemüht, auf dem wenigen Platz, der uns noch zu Verfügung stand, den Kids etwas Besonderes zu geben, etwas, mit dem sie sich identifizieren können. Meiner Meinung nach sind handschriftliche Texte viel persönlicher als andere, und man darf auch nicht vergessen, daß viele Fans in Städten wohnen, wo wir bisher noch nicht gespielt haben- da ist dieses Cover das einzige, was sie haben, um uns ein bißchen näher kennenzulernen."
Und das, so der Hobby-Lyriker Ament, sei der Band extrem wichtig. Denn schließlich spiele man diese Art von Musik, um Emotionen freizusetzen. Sowohl bei den Bandmitgliedern als auch bei den Fans wohlgemerkt. Deren Bestätigung versichert er glaubhaft, sei ihm wichtiger, als eine Million Platten zu verkaufen. Aber obwohl Pearl Jam sich nicht um Konventionen scheren, mit ihrer Musik in keine der gängigen Schubladen passen, könnte es durchaus sein, daß dem Quintett in naher Zukunft der große Durchbruch bevorsteht. Gruppen wie Jane's Addiction, Alice In Chains, Soundgarden und nicht zuletzt Nirvana, die in den Staaten momentan die Charts stürmen, haben bewiesen, daß man sich durchaus mit einem eigenen Stil in der Szene behaupten kann. Logisch, daß Ament, als er nach seinen Lieblingsbands befragt wird, eben diese Combos angibt. Und King's X, denn Doug Pinnick sei ein guter Freund der Band, hätten Pearl Jam ein ums andere Mal inspiriert und mit unzähligen Tips geholfen. In der Zukunft blickt man jedenfalls optimistisch, denn Pearl Jam haben gegenüber anderen Genre-Bands nach Ansicht unseres Gesprächspartners einen unschätzbaren Vorteil:
"Der Großteil unseres Materials ist in spontanen Jamsessions zustande- gekommen. Das ist Band-Chemie: Irgendjemand hat ein Riff, spielt es im Proberaum vor, und nach einiger Zeit steigen alle in die Nummer ein und ent wickeln daraus einen Song. Logisch, daß wir auch live oft dazu übergehen, Instrumentalpassagen zu improvisieren- das macht der Band Spaß, und für das Publikum besteht nicht die Gefahr, daß das Konzert zu langweilig wird..."

Habt ihr den Namen Pearl Jam gewählt, weil euer Schlagzeuger mit Pearl-Drums jammt?
"Nee, der Typ spielt Ludwig-Drums."
Auch keine schlechte Marke...

Verfasser: Thomas Kupfer
Zeitschrift: Rock Hard Januar 1992
Man verzeiht mir hier und dort kleine Rechtschreibefehler, es ist nicht einfach mit mein ZWEI-FINGER-SUCHSYSTEM!!
Viele liebe Grüße vom Riesen Pearl Jam und Alice In Chains Fan Annette
Email A.Riecken{at}gmx.de
Könntet ihr mir vielleicht zurücksenden ob dieses Dokument angekommen ist? Danke!!
Kommentar vitalogy.de: Nicht nur angekommen, nein, auch noch aufgenommen ;)!